Chronik
Bei herrlichstem Sommersonnenschein im Schatten von Kirschbäumen wurde der Gedanke zur Gründung der Gesellschaft geboren. Das war 1991, im Garten von Maria Pakulla in Dumsevitz. Die ehemalige Lehrerin und Arndt-Liebhaberin kümmerte sich seit 1980 um das Arndt-Haus in Schoritz, mit viel Engagement und wenigen Mitteln. Und plötzlich saß ihr Dr. Manfred van Rey gegenüber, ein ausgewiesener Arndt-Kenner und Vorsitzender des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins und Leiter des Stadtarchivs Bonn und des Bonner Stadtmuseums, dem das Arndt-Haus in Bonn untersteht, und offizieller Vertreter der Stadt Bonn und die Taschen voller Geld. 100.000 DM hatte die Stadt Bonn bereitgestellt und Dr. van Rey damit beauftragt, sich in Garz mit seinem Arndt-Museum einen Eindruck zu verschaffen und Vorschläge für die sinnvolle Verwendung der Gelder zu machen. Beim Stichwort „Arndt“ fiel in Garz unweigerlich auch der Name „Maria Pakulla“, und wenig später saß er im Garten von Dumsevitz.
Das Protokoll von Anfang März 1992 illustriert in einem Detail sehr schön, mit welchen Schwierigkeiten zu kämpfen war: „Frau Pakulla erhält durch den Verband ‚Insula Rugia‘ ein Funktelefon, um die Kontaktmöglichkeiten zu verbessern.“ Telefonanschlüsse waren in der DDR Mangelware, und der Ausbau nach der Wende brauchte seine Zeit. Eine weitere Episode beleuchtet einen anderen interessanten Aspekt: Es bestand von Anfang an Klarheit darüber, dass nicht nur das Arndt-Haus, sondern die ganze Gemeinde Groß Schoritz in den Blick zu nehmen ist. So machte sich eine Arbeitsgruppe aus München mit Planern, Architekten, Soziologen und Vertretern des bayerischen Innenministeriums auf den Weg nach Schoritz. Dort mussten sie konsterniert feststellen, dass sie in der Gemeinde nicht willkommen waren.
Am 1. November 1992 wurde die Arndt-Gesellschaft gegründet, um 14 Uhr, auf einem Schiff der Weißen Flotte zwischen Zudar und Glewitz. Zu gleichberechtigen Vorsitzenden wurden Maria Pakulla für Rügen und Dr. Manfred van Rey für Bonn gewählt. Aus Anlass der Gründung wurde eine Silbermedaille geprägt, ein Plakat gedruckt und das erste Heft der Arndt-Gesellschaft herausgegeben.
Die Krise
Der Anfang war gemacht, aber sofort geriet das Schiff ins Schlingern, bekam die gerade gegründete Arndt-Gesellschaft eine so gefährliche Schieflage, dass die Geschäfts- und Handlungsfähigkeit über Jahre hinaus auf dem Spiel stand. Anfang 1995 informierte Dr. van Rey die Mitglieder über diese Krise und das weitere Vorgehen.
Was war geschehen? Der amtierende Geschäftsführer hatte das Gründungskuratorium in dem Glauben gelassen, dass die Fahrt mit der Weißen Flotte eine Sachkostenspende und damit kostenlos sei. Umso größer war die Überraschung, als der Arndt-Gesellschaft ein fünfstelliger Betrag in Rechnung gestellt wurde. Das anschließende Verfahren zog sich über Jahre hin und endete in einem Vergleich, um weiteren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Das kostete nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch viel Geld, mehr, als die Gesellschaft aufbringen konnte. Zu allem Überfluss forderte das Kultusministerium einen ausgereichten Zuschuss zurück, da die erforderlichen Eigenmittel nicht erbracht worden waren – übrigens gar nicht zu erbringen waren. Auch hier spielte der erste Geschäftsführer eine traurige Rolle.
In dieser existentiellen Bedrängnis sprang der Bonner Heimat- und Geschichtsverein der Arndt-Gesellschaft helfend bei. Auf Bitten Dr. van Reys, der übrigens die Kosten des Bonner Anwalts aus seiner eigenen Tasche bezahlte, gewährten die Bonner der Arndt-Gesellschaft einen Überbrückungskredit. Ohne das persönliche Engagement von Vielen bis an den Rand der Erschöpfung und darüber hinaus wäre die Chronik der Arndt-Gesellschaft an dieser Stelle zu Ende.
Die Konsolidierung
Die ambitionierten Pläne sahen vor, dass die Arndt-Gesellschaft in Kooperation mit der Gemeinde Schoritz das ganze Haus bespielt. Das Projekt blieb halb fertig, die Akteure an den Schaltstellen sind inzwischen andere. Die Zeiten, wo man Arndt und die Einheit Deutschlands zusammen dachte, sind vorbei. Arndt ist heute nicht identitätsstiftend, bringt die Augen nicht zum Leuchten und öffnet auch keine Türen. Es war ein kurzer Zeitraum, in dem dies anders war, und der wurde von den Verantwortlichen, den Co-Vorsitzenden Dr. van Rey und Prof. Tietz, auch intensiv und erfolgreich genutzt. Dass das Haus heute so schön aussieht, hat sehr viel damit zu tun. Im selben Zeitraum etablierten sich die "Begegnungen bei Arndt" als feste Größe im rügenschen Kulturangeot mit mannigfaltigen Vorträgen auf einem durchgehend hohen Niveau sowie die Schriftenreihe der Arndt-Gesellschaft (siehe dazu die Rubriken "Veranstaltungen" und "Publikationen").